Wer enterbt wurde und pflichtteilsberechtigt ist, hat einen Pflichtteilsanspruch, der sich nach dem tatsächlich vorhandenen Nachlasswert richtet. Schenkungen des Erblassers kurz vor dem Tode würden den Nachlasswert schmälern und der Pflichtteilsanspruch ließe sich umgehen, wenn solche Schenkungen nicht berücksichtigt werden müssten. Deshalb hat der Gesetzgeber in § 2325 BGB den Pflichtteilsergänzungsanspruch geregelt.
Danach kann jeder Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung seines Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Der Pflichtteilsberechtigte wird also so gestellt, als wenn es die Schenkung nicht gegeben hätte.
Welche Schenkungen werden berücksichtigt?
Schenkungen sind alle freiwilligen Zuwendungen des Erblassers, durch die eine dritte Person bereichert wird und dafür keine oder eine im Vergleich zur Zuwendung geringere Gegenleistung erhält. In Betracht kommen Geldgeschenke, Abtretung von Forderungen, Grundstücksschenkungen, Schenkungen von Gegenständen.
Auch Grundstücksübertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt bzw. gegen Einräumung eines Wohnungsrecht oder Übernahme einer Pflegeverpflichtung und auch Abfindungszahlungen für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht fallen hierunter.
Gemäß § 233o BGB führen lediglich Anstandsschenkungen bzw. Schenkungen, mit denen der Erblasser einer sittlichen Pflicht entsprochen hat nicht zu einer Pflichtteilsergänzung.
Anstandsschenkungen sind (kleinere) Schenkungen zu Anlässen wie z.B. Geburt, Geburtstag, Hochzeit etc.
Eine sogenannte Pflichtschenkung kommt z.B. in Betracht, wenn der Erblasser ein Grundstück für langjährige Hilfe im Haushalt und Pflege zuwendet oder er Unterhaltszahlungen an nahe Verwandte leistet.
Zenhnjahresfrist – § 2325 BGB
Nach altem Recht war es so, dass alle Schenkungen in den letzten zehn Jahren vor dem Tode gleichermaßen berücksichtigt wurden. Inzwischen bestimmt § 2325 BGB Folgendes:
Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.
Die Schenkungen werden also in Abhängigkeit von der Dauer zwischen Schenkung und Erbfall in abgestufter Höhe berücksichtigt.
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letztes Update: 16. Juni 2013